Aktuelle Entwicklungen im Energie- und Klimarecht

Das Ziel der Europäischen Kommission und der Bundesregierung ist ambitioniert: Mit dem Europäischen Green Deal sollen die Treibhausgasemissionen Schritt für Schritt so weit reduziert werden, dass die 27 EU-Mitgliedstaaten bis 2050 klimaneutral werden. Zum Tragen kommt hier unter anderem das Fit for 55-Paket, welches eine Reihe reformierter und neuer Richtlinien zur Klimapolitik umfasst, mit denen der Green Deal umgesetzt werden soll. Die energie- und klimapolitischen Rahmenbedingungen sind dabei eindeutig und zeigen allesamt in die gleiche Richtung. In der Konsequenz sind alle Sektoren mit tiefgreifenden Transformationsvorgaben konfrontiert. Doch wie kann Klimaneutralität tatsächlich erreicht werden und Dekarbonisierung gelingen? Anstrengungen zur Erreichung von Klimaneutralität führen die Grundgedanken der Energiewende konsequent fort; gefordert ist dabei grundsätzlich die gesamte Gesellschaft mit allen Sektoren, im Besonderen aber die Industrie. Denn bisher bestehende Geschäftsmodelle müssen häufig tiefgreifend neu gedacht werden, um eine unternehmensspezifische energetische Transformation vorantreiben und erfolgreich umsetzen zu können.

Fit for 55-Paket

Der europäische Green Deal ist ein Paket politischer Initiativen, mit denen die EU einen grünen Wandel vollziehen soll, um schließlich ihr Ziel zu erreichen, bis 2050 klimaneutral zu werden. Die Initiativen betreffen die Bereiche Klima, Umwelt, Energie, Verkehr, Industrie, Landwirtschaft und nachhaltiges Finanzwesen. Eine dieser Initiativen ist das Fit für 55. Der Name bezieht sich auf das Ziel der EU, die Netto-Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 Prozent zu senken.

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Wie sehen zukunftsfähige Konzepte für die Industrie aus?

Wie gut und resilient Unternehmen in der Zukunft aufgestellt sein werden, hängt entscheidend von der (energetischen) Transformation ihrer Geschäftsmodelle und insbesondere auch von den Möglichkeiten der Nutzung dezentraler Energieerzeugung und neuer Technologien ab. Die energie- und klimapolitischen Entwicklungen zwingen Energieversorger dazu, ihren Weg hin zu bezahlbarer, zuverlässiger und nachhaltiger Energie konsequent weiterzugehen und sich dabei ehrgeizige Ziele im Hinblick auf die CO2-Reduktion zu setzen. Um die Chancen zu nutzen, die sich aus diesen Veränderungen ergeben und das Thema Nachhaltigkeit auf eine neue Ebene zu heben sowie neue Maßstäbe zu setzen, brauchen die Versorgungsunternehmen einen ganzheitlichen Ansatz, von dem letztlich auch ihre (Industrie-) Kunden profitieren werden.

Michael Küper Partner, Head of Tax & Legal Energy, PwC Germany

michael.kueper@pwc.com Tel.: +49 171 7664226

"Nachhaltigkeit bedeutet Veränderungen und Risiken für die Versorger."

Eine effektive und nachhaltige Umsetzung der Nachhaltigkeits-Agenda ist deshalb in jedem Fall sinnvoll und notwendig. Denn die Bedeutung von Umwelt, Sozialem und Unternehmensführung (Environmental, Social, Governance – kurz ESG) hat vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels und zunehmender Regulierung enorm an Bedeutung gewonnen. Mit der Folge, dass sich sowohl Anlegerinnen und Anleger als auch Verbraucherinnen und Verbraucher immer häufiger für nachhaltige und verantwortungsbewusste Unternehmen entscheiden. Und auch von Banken und Investoren werden die ESG-Kriterien immer stärker in die Bewertung von Projekten einbezogen. Zudem werden Unternehmen zunehmend danach bewertet, ob sie im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen produzieren und wirtschaften. Eine klimaneutrale Produktion ist künftig also nicht mehr optional, sondern obligatorisch und erfordert häufig eine tiefgreifende Transformation der Unternehmen. Deshalb sind Klimastrategien genauso unerlässlich wie Konzepte zu Kreislaufwirtschaft und Lieferketten. Darauf müssen Unternehmen reagieren.

Pariser Klimaabkommen

Das Abkommen ist die erste weltweite Vereinbarung von insgesamt 195 Vertragsparteien zum Klimaschutz. Alle Parteien müssen nationale Klimaschutzpläne erarbeiten und umsetzen.

Die drei Hauptziele sind:

  • Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius beschränken, möglichst auf 1,5-Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen globalen Durchschnittstemperatur.
  • Emissionen senken und Anpassungen an den Klimawandel vornehmen.
  • Finanzmittel im Einklang mit den Klimaschutzzielen lenken.

5-Punkte-Plan zur Energiekostenreduktion und -kontrolle Reaktionsmöglichkeiten auf gestiegene Energiepreise und energiepolitische Entwicklungen

Richtige Einkaufsstrategie

Innovative (Eigen-)versorgungs-konzepte

Privilegierungsmöglich-keiten bestmöglich nutzen

Energieeffizienz und -suffizienz

Übergreifende Maßnahmen

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Strompreispaket

Die Energiepreise sind seit dem Ausbruch des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine stark gestiegen. Auch wenn zwischenzeitlich wieder eine deutliche Entspannung zu verzeichnen ist, bewegen sie sich nach wie vor auf einem Niveau, welches die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie in vielen Bereich gefährdet. Um dem entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung im November 2023 ein Strompreispaket beschlossen, welches vor allem Unternehmen mit besonders energieintensiver Produktion unterstützen und ein Gesamtvolumen von rund 28 Milliarden Euro umfassen soll. Für 2024 soll die Entlastung bis zu 12 Milliarden Euro betragen.

Folker Trepte Partner, Leiter Energiewirtschaft, PwC Germany

folker.trepte@pwc.com Tel.: +49 160 97247316

"Langfristig wird sich nur rentieren, was nicht auf Kosten des Klimas geht."

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Welche Maßnahmen umfasst das Strompreispaket konkret?

Auch wenn das Urteil Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 zum zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 die Bundesregierung zur Justierung der Bundeshaushalte 2023 und 2024 zwang und daher zu längeren Beratungen innerhalb der Regierungskoalition führte, konnte das Strompreispaket nahezu unverändert beschlossen werden: Grundsätzlich wird die Stromsteuer nicht gesenkt, sondern der gesetzliche Stromsteuersatz verbleibt bei 20,50 EUR/MWh (2,05ct/kWh). Es erfolgt aber eine Absenkung der Steuerlast für das produzierende Gewerbe nach § 9b StromStG auf den zulässigen EU-Mindestwert von 0,05 Cent pro Kilowattstunde für die Jahre 2024 und 2025. Diese Absenkung wurde im Haushaltfinanzierungsgesetz 2024 geregelt und gilt zunächst für 2024 und 2025. Eine Fortgeltung für die Jahre 2026 bis 2028 ist beabsichtigt, steht allerdings unter einem Finanzierungsvorbehalt. Der bisherige Spitzenausgleich geht in dieser Stromsteuerentlastung auf. Daneben wird die Strompreiskompensation, welche rund 350 Unternehmen in Anspruch nehmen, für fünf weitere Jahre fortgeführt und ausgeweitet. Diese Unternehmen erhalten eine Erstattung für die indirekten CO2-Kosten, die durch den EU-Emissionshandel entstehen. Der bisherige Selbstbehalt von einer Gigawattstunde pro Anlage soll gestrichen werden, sodass die betroffenen Unternehmen einen höheren Kompensationsbetrag von aktuell etwa 39.000 EUR pro Anlage erhalten. Gleiches gilt für den Sockelbetrag für die rund 90 besonders stromintensiven Unternehmen, die zusätzlich die ergänzende Beihilfe erhalten. Hierdurch wurden die Entlastungen bislang auf 1,5 Prozent der Bruttowertschöpfung begrenzt. Die Maßnahme soll ebenfalls für fünf Jahre verlängert werden, steht aber ab 2026 ebenfalls unter dem Vorbehalt der Gegenfinanzierung aus dem Bundeshaushalt. Ein Beihilfeverfahren nach den Maßgaben der EU ist indes nicht zu erwarten, da es sich bei dem Maßnahmenpaket um ein bereits von der EU genehmigtes Instrument handelt. Daneben konnte jedoch der ursprünglich auch für 2024 geplante Bundeszuschuss zur Stabilisierung der Übertragungsnetzentgelte infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts nicht weiter finanziert werden. Die damit verbundenen Ausgaben – 5,5 Milliarden Euro – mussten im Bundeshaushalt 2024 eingespart werden. Damit bleiben nicht alle Entlastungen für Unternehmen beim Strompreis nach dem Urteil zum Klima- und Transformationsfonds erhalten.

Jahreskonferenz für energieintensive Unternehmen

Die Veranstaltung findet am 16. Mai 2024 in den Design Offices Düsseldorf (Fürst & Friedrich) statt. Bringen Sie sich zu den Entwicklungen rund um Energie und Klima strategisch, rechtlich, steuerlich sowie wirtschaftlich auf den neuesten Stand.

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Die verschiedenen Maßnahmen des Industriepakets werden von Verbänden und Marktakteuren weiterhin kontrovers diskutiert. Warum?

Teils wird die mangelnde Ausweitung etwa der Stromsteuersenkung auf die Bereiche der Elektromobilität oder Ähnliches bemängelt, teils wird der nun angedachte Mechanismus vor dem Hintergrund der bislang diskutierten Alternativen ausdrücklich begrüßt. Letztlich hängt es stark vom Einzelfall ab, ob tatsächlich signifikante Entlastungen für die Unternehmen entstehen. Vor diesem Hintergrund dürften in vielen Fällen die Erwartungen an eine deutliche Entlastung und finanzielle Planbarkeit für die nächsten Jahre enttäuscht werden. Insbesondere der fehlende Zuschuss zu den (Übertragungs-)Netzentgelten dürfte sogar eine signifikante Mehrbelastung für die energieintensiven Unternehmen darstellen.

Unsere Tools im Überblick

Climate Excellence

Unser Tool Climate Excellence liefert quantifizierte Szenarioanalysen zur Ableitung klimabedingter Chancen und Risiken.

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Power2Sim

Das Tool Power2Sim bietet eine Modellierung von Szenarien zur Prognose der Strompreise bis zum Jahr 2045 und hilft dabei, die richtigen strategischen Weichen zu stellen.

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Mit dem Wasserstoff-Rechner erhalten Sie schnell eine erste Einschätzung zur Wirtschaftlichkeit Ihrer H2-Projekte.

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Auf ein Watt ist der Blog von PwC-Spezialist:innen aus der Branche Energiewirtschaft. In diesem Spezialist:innenteam beschäftigen sich die Mitglieder unter anderem mit Trends und aktuellen Entwicklungen in der Energiewirtschaft: von Wasserstoff zu E-Mobility, von Klima- und Energierecht, Regulierungsthemen bis hin zu Digitalisierung.

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In unserer Veranstaltungsreihe greifen wir spezifische Themen in Bezug auf energie- und klimapolitische Anforderungen auf und erörtern diese im Detail, damit Sie die Orientierung im Energiemarkt-Dschungel nicht verlieren. Haben Sie Interesse an dieser Webcast-Reihe? Dann registrieren Sie sich hier:

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